Fahrwerks-Tuning
Typische Fahrwerksprobleme älterer Motorräder
Sogenannte "Klassiker" neigen oft schon bei moderaten Geschwindigkeiten (100-140 km/h) zum Pendeln.
Fahrwerksmodifikationen wie Kegelrollenlager im Lenkkopf, Kastenschwinge und auch das Versteifen des Rahmens durch eingeschweißte Verstärkungsstreben oder Bleche bringen nicht immer den erhofften Durchbruch. Das Pendeln, das zu lebensbedrohlichen Situationen führen kann, bleibt.
Ursache sind Spiele in der Schwingenlagerung, Radachsenaufnahmen sowie ein unrunder Sitz des Lenkkopflagers. Hinzu kommt, dass selbst ein unfallfreier Rahmen die vorgegebenen Toleranzen nicht immer einhält und diese Toleranzen der Rahmengeometrie vom Hersteller oft sehr großzügig gewählt wurden.
Und last but not least spielen die Qualität und Verschleiß der Feder- und Dämpfungselemente eine große Rolle.
Lenkkopflager
Durch unrunde Lagersitze im Lenkkopf können die Lagerschalen ihre von Haus aus runde Form nicht mehr einhalten. Sie werden oval gedrückt. Am sensibelsten reagieren hierauf die hochgeschätzten Kegelrollenlager. Die „alten“ Kugellager sind darin konstruktionsbedingt unempfindlicher. Allerdings benötigen letztere einen absolut winkligen Sitz um sauber zu funktionieren.
Um dieses Problem korrekt zu beheben, müssen die Lagersitze nachbearbeitet werden, was neben Schraubarbeit entsprechendes Fachwissen und die erforderliche Gerätschaft voraussetzt. Ist der Lagersitz im Lenkkopf korrigiert, sollte gleiches mit dem Lenkdorn geschehen.
Eine weit verbreitete, einfachere, kostengünstigere jedoch unvollständige Lösung besteht darin, Untermaßlager zu verwenden, die eingeklebt werden.
Rahmen und Aufnahmepunkte
Die Bohrungen der Schwingachse im Rahmen ist oft genug so weit ausgeschlagen, dass hier ein ganzer Millimeter Spiel entsteht und eine saubere Führung der Schwinge dadurch unmöglich gemacht wird.
Ebenso häufig kommt es vor, dass diese Bohrungen zueinander versetzt sind, was eine Verbiegung der Schwingenachse spätestens beim Festziehen zur Folge hat.
Um diese Probleme zu beseitigen, wird der Rahmen auf ein Bohrwerk aufgespannt, zum Lenkkopf hin ausgerichtet und so die Geometrieabweichungen zwischen Lenkkopf und Schwingenaufnahme korrigiert. Anschließend wird die Achsaufnahme genau fluchtend gebohrt, ausgebüchst und auf Fertigmaß gerieben. Das danach zur Steckachse vorhandene Spiel befindet sich im Bereich einiger Hundertstel Millimeter.
Wenn jetzt noch der Motor spannungsfrei sitzt, ist der Rahmen besser als neu und mit intakter Peripherie wackelt nix mehr.
Schwingenlagerung
Es gibt – oder gab – bei bekannten Teilediscountern Ersatz für verschlissene Schwingenlager für wenig Geld. Doch einfach ein tolles Nadellager einbauen, ist nicht sinnvoll. Das Problem ist zwar für den Moment zumindest einigermaßen behoben, taucht aber bald wieder auf.
Die viel gepriesenen Nadellager haben einige konstruktive Nachteile: die enorme Kraft der Schwinge auf die Schwingenaufnahme muss von Nadellagern über die schmale Auflagefläche nur einiger Rollen übertragen werden. Schnell bilden sich dort Druckstellen und es entsteht Spiel. Auch in der Schwinge sind die Sitze der Schwingenlager selten wirklich rund, was – wie beim Lenkkopflager – zu ungleich verteiltem Druck führt. Die wenigen Lagernadeln, die spielfrei sitzen, werden überlastet und verschleißen schnell.
Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass Lagerbuchsen aus Rotguß, die nach dem Einpressen in die Schwinge korrekt auf ein Lagerspiel von 3 Hundertstel Millimetern gerieben wurden, am besten funktionieren und bei entsprechender Abdichtung und regelmäßiger Schmierung wirklich sehr lange halten.
Radachsen und Lager
Die Radachsen sind vor allem an den Lagerstellen auf Genauigkeit im Durchmesser und Druckstellen zu kontrollieren. Natürlich müssen sie auch absolut gerade und rissfrei sein. Achsen, die Druckstellen oder Verbiegungen aufweisen, sind grundsätzlich zu ersetzen!
In der Schwingenaufnahme sollte die Achse nur ein kleines Spiel aufweisen, dass gerade die Montage zulässt.
Die Radlager in den Rädern und – falls vorhanden – das der Kettenradaufnahme sollten regelmäßig geprüft und nach spätestens 50000 km Laufleistung erneuert werden. Bei der Montage der Radlager ist der spannungsfreie Sitz und die korrekte Montage der Distanzhülsen höchst wichtig. Die Lager dürfen keinerlei Seitenkräfte ausgesetzt werden.
Obige Abschnitte stellen heraus, dass Genauigkeit und sauberes Arbeiten auch am Fahrwerk wichtig ist.
Kettenantrieb
Die Kette darf nicht stramm sein, auch wenn das Wort „Kettenspannung“ genau das impliziert! Ein gewisses Spiel zum Ausgleich der Längenänderung beim Einfedern ist absolut erforderlich.
Bei vielen Motorrädern ist auf dem Kettenschutz ein Aufkleber, der die korrekte Einstellung erklärt. Im Zweifelsfall im Handbuch nachsehen oder beim Händler deines Vertrauens nachfragen.
Eine verzogene Kette, die mal lose und mal stramm wird, sollte sofort erneuert werden. Der Verzug kommt – wenn nicht von einem unrunden Kettenrad – von den verschlissenen Nietbolzen der Kette und lässt den Schluss zu, dass einige dieser Bolzen am Ende ihrer Lebensdauer sind und kurz vor dem Abscheren stehen. Bricht ein Bolzen, reißt die Kette ab und schlägt im günstigsten Fall nur ein Loch in das Motorgehäuse. Sie kann jedoch auch das Hinterrad blockieren, das Bein des Fahrers oder Sozius erwischen oder in den nachfolgenden Verkehr einschlagen.
Federung und und Dämpfung
Abgesehen davon, dass bei Klassikern diese aktiven Fahrwerkselemente dem Entwicklungsstand längst vergangener Zeiten entsprechen, sind sie nach einer Laufzeit von mehr als 30TKm auch noch verschlissen.
- die Gleitringe der Gabel
- die Führung im Tauchrohr (das Alu-Teil),
- die Öle im Dämpfer und
- der Dämpferkolben
all das ist am Ende seiner Laufzeit angelangt.
Die Motorräder der 70er Jahre waren schließlich für eine Kilometerleistung von max. 30-40TKm ausgelegt. Mehr gaben (bezahlbare) Materialien und Stand der Technik damals nicht her.
Bereifung
Die Reifen werden oft genug vernachlässigt.
Es gibt immer wieder Motorradfahrer, die wegen Fahrwerksproblemen die Werkstatt aufsuchen und nur 1 bar Luftdruck im Vorderreifen haben.
Also: Regelmäßig – spätestens alle 14 Tage - den Luftdruck prüfen.
Auf die Wahl der Reifen will ich hier nicht großartig eingehen. Nur soviel:
Es sollten nur Reifen verwendet werden, die für das Motorrad zugelassen und/oder sinnvoll sind und nicht länger als 3 Jahre gelagert haben.
Ein Reifen verliert mit steigendem Alter Haftungs- und Dämpfungseigenschaften.