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4T-Motoröl

"IMMER ÖLICH, IMMER FRÖHLICH !!!"

Oder: Was ist ein Schmiermittel ?

Schmierstoffe dienen als Trennmittel zwischen zwei relativ gegeneinander in Bewegung stehenden Reibpartnern. Deren Hauptaufgabe ist also,
den direkten Kontakt zwischen sich - in unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder Richtungen - bewegenden Materialien zu verhindern.

Schon einmal im frisch geputzten Gang der hübschen Bodenkosmetikerin begegnet und beim Gucken nach dem keck hinauf gereckten Hintern auf dem Putzwasser ausgerutscht?
Peinlich, aber dann weißt du genau, was "Schmierung" bedeutet!
Dein Schuh konnte den Boden gar nicht berühren und ist wie ein Wasserski auf der Flüssigkeit geglitten. Natürlich gibt es auch innerhalb dieser Flüssigkeit eine Reibung ihrer Moleküle, die relativ gesehen jedoch sehr gering ist und der Kraft deines flotten Ganges nicht widerstehen konnte.
Nun aber weg vom Putzwasser.

Ausgangsbasis

für unser bekanntes mineralisches Motoröl ist Rohöl.

Das kommt tief aus dem Boden unserer geschundenen Erde. Durch Raffination, Zusatz von Additiven und – eventueller - Beigabe von recyceltem Altöl entsteht so das Zeug, das wir in unser Motorrad kippen. Öl. Genauer: mineralisches Motoröl

Synthetisches Motoröl wird künstlich hergestellt und hat chemisch mit Erdöl kaum was zu tun. Das synthetische Grundöl besteht in der Hauptsache aus Olefin-Polymerisate, Alkylaromaten, Ester, Alkohole, Ether, Silikon, Fluorkohlenwasserstoffen und Perlfluorether. Hinzu kommen (ebenso wie beim Mineralöl) eine ganze Latte von Verdicker und sonstigen Additiven.
Teilsynthetische Motoröle verwenden als Ausgangsbasis hochwertiges mineralisches und synthetisches Motoröl.
Um die Wichtigkeit des Motoröls zu verstehen, betrachten wir zunächst die Aufgaben dieses Schmierstoffes:

Minimierung des Verschleißes im Motor durch zuverlässige Trennung der Materialien

Möglichst gute Schmierung aller bewegten Motorbauteile, wobei beim Motorrad oft das Getriebe vom gleichen, bis zu 150 °C heißen Öl versorgt werden muss.

Schmierung schon bei tiefsten Temperaturen (Kaltstart im Winter)

Aufrechterhaltung des Ölfilmes auch bei Vollast und hohen Temperaturen

Abtransport der Wärme und Kühlung von Motorbauteilen (Zylinderkopf, Kolben, Turbolader...)

Abtransport von Abrieb und Verbrennungsrückständen bis zum Ölfilter

Abdichtung von kleinen Spalten (Simmerringe, Zylinderwand, Kolbenringe...)

Geringer Verschleiß und hohe Alterungsbeständigkeit, um Ölwechselintervalle zu minimieren

Minimierung der Verdampfungsneigung um ein "Eindicken" des Öles möglichst zu verhindern

Und (in den Zeiten der strengen Geräuschnormen) die Geräuschdämmung des Motors

Ohne hier Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sieht man, dass die Aufgaben des Motoröls recht vielfältig sind. Die wichtigsten Additive für Motorräder, deren Getriebe vom bis zu 150°C heißen Motoröl mit versorgt werden muss (also nahezu alle Japaner, Ducatis und neuere Triumphs), sind die Hochdruckzusätze. Die braucht ein Auto- (oder Moto-Guzzi- und BMW-Boxer-) Motor nicht in dem Maße, da hier einb auf besondere Anforderungen spezialisiertes Öl – nämlich das Getriebeöl – diese schwierige Aufgabe übernimmt.
Man bedenke, dass auf dem geringen, tragenden Bereich von nur 2 Zähnen der Zahnräder die komplette Motorleistung liegt ! Und diese Oberflächen muss das Öl schön auseinander halten, dass sie sich ja nicht berühren. Ist das Öl dem nicht gewachsen oder lässt sich verdrängen, reiben sich die beiden Oberflächen sich wie ein Radiergummi auf dem Papier gegenseitig weg. Das ist Verschleiß!

Um nun den immer höher werdenden Ansprüchen und gleichzeitig den klimatischen Bedingungen in den verschiedensten Ländern Rechnung zu tragen, wurden unterschiedliche Motoröle entwickelt, die für den jeweiligen Einsatz optimiert sind.

Bild: Schmierung -

Moderne Öle basieren auf Ester

Gute Motorrad- und Motorsport-Öle sind auf Ester-Basis hergestellt, denn kein konventioneller Rohstoff bietet die gleichen Vorzüge.
Ester wird durch Synthese von tierisch-pflanzlichen Fettsäuren und Alkoholen gewonnen und bringt alle wesentlichen Eigenschaften mit, die von Mehrbereichsölen gefordert werden. So sind wesentlich weniger Zusatzstoffe nötig.

Die wichtigsten Vorteile von Ester im Einzelnen

Viskosität und Temperaturbereich

Die Viskosität beschreibt den Widerstand, den ein Öl dem Fließen entgegensetzt.
Anders ausgedrückt: die Fließgeschwindigkeit oder Dünnflüssigkeit des Öles.
Um das Viskositätsverhalten bei verschiedenen Temperaturen zu kennzeichnen, wurde die SAE -Viskositätsklasse ( Society of Automotiv Engineers) eingeführt.

Beim Kaltstart wird vom Motor ein dünnflüssiges Öl verlangt, welches eine schnelle Durchölung des Triebwerks gewährleistet, also innerhalb kurzer Zeit sich an all die Schmierstellen pumpen lässt und den Schmierfilm zwischen bewegten Teilen sehr schnell aufbaut.
Wird nun der Motor betriebswarm, so wird das Motoröl mit zunehmender Temperatur immer dünnflüssiger, was die Gewährleistung des stabilen Schmierfilms erschwert.
Um dem Rechnung zu tragen, wurden vor einigen Jahrzehnten noch verschiedene – sogenannte - Einbereichsöle verwendet, die je nach Jahreszeit gewechselt werden mussten.
Inzwischen werden eigentlich nur noch Mehrbereichsöle verwendet, die einen wesentlich größeren Temperaturbereich abdecken und nun zu allen Jahreszeiten verwendbar sind. Die Kennzeichnung der Mehrbereichsöle erfolgt durch zwei Serien, wobei der Buchstabe "W" (Winter) mit der davor stehenden Zahl ein definiertes Kältefließverhalten
beschreibt. Die Zahl nach dem "W" beschreibt das Warmfließverhalten bei 100°C Öltemperatur.

Ein Beispiel für die SAE - Bezeichnung: SAE 10W-60

Dieses Öl ist im kalten Zustand so dünnflüssig wie ein 10er Einbereichsöl und entspricht bei 100°C der Viskosität eines 60er Einbereichsöls.

Bild: Normen -

Öl gut, Motor gut. Die Qualitätsklassen:

Die SAE - Spezifikation macht zwar eine klare Aussage bezüglich des Viskositätsverhaltens eines Öles, sie sagt aber nichts über dessen Qualität aus.
Über die Qualität sollte einmal der Zusatz HD (Heavy Duty = Hochleistung) Auskunft geben. Inzwischen gibt es aber weltweit nur mehr Öle, die diesem definierten Kriterium locker entsprechen.
Bis Anfang der 80-er Jahre waren die API (American Petroleum Institute)- Klassen der internationale Qualitätsstandard. Inzwischen haben aber CCMC (Comité des Constructeurs d'Automobile) und ACEA (Association des Constructeurs Européens de l'Automobile) - Klassifikationen einen höheren Stellenwert in Europa erreicht.

Der Grund liegt darin, dass in Europa völlig andere Verkehrsverhältnisse als in der streng geschwindigkeitslimitierten USA herrschen. Bei uns darf noch – wenigstens stellenweise – ordentlich Geheizt werden.
Die ACEA-Normung ersetzte ab Anfang 1996 alle CCMC-Normen. A3-96 ist zum Beispiel ein Öl, dass etwa CCMC-G5 entspricht. Also, je höher die Zahl nach dem "A", desto besser das Motor-Öl. Gleiches gilt für "B" (Öle für Dieselmotoren) und "E" (Nutzfahrzeug-Dieselmotoren)
Für Motorradöle gibt es seit 1999 die "JASO 4T"-Norm, die sich auf Öle für 4-Takt-Motorradmotoren bezieht und weiter unten erläutert wird.

Bild: Normen -

Das Öl für Motorräder

Der Unterschied zum Autoöl liegt nicht nur in den höheren Anforderungen der Motoren – da schlagen sich gute Autoöle gar nicht so schlecht – der Knackpunkt liegt beim Getriebe, das oft genug vom 130°C heißen Motoröl mitversorgt werden muss aber die Nasskupplung die Leistung sicher übertragen muss.
Die Anforderungen, die Motorradgetriebe an den Schmierstoff stellen, sind nicht nur anders als beim Motor selbst, sondern um ein Vielfaches extremer. Man(n) und Frau muss sich nur mal vorstellen, dass die gesamte Motorleistung (z.B. 185PS/136KW) über nur 2 Zähne eines bloß 12 mm breiten Zahnrades übertragen wird und das Öl diese Flächen zuverlässig voneinander trennen muss. Scherkraft und Druck sind hier ungleich größer als alles, was der Motor selbst dem Öl abverlangt.

Bei Automotoren werden immer häufiger sogenannte Leichtlauföle mit niedrigem Viskosität verwendet, die bei Motorradgetrieben Pittingbildung (kleine Materialausbrüche) verursachen können und zudem eine Menge Reibwertminderer beinhalten, die sich in den Reibscheiben der Kupplung festsetzen, den Reibwert senken und bei hohem Drehmoment ein Durchrutschen verursachen.

Manche Motorradhersteller reagierten auf diese Probleme kurzerhand damit, den Einsatz moderner Motoröle der neuesten Qualitätsklassen zu untersagen. Doch nicht die Qualitätsklassen, sondern die Reibwertminderer sind ursächlich für Kupplungsrutschen.
Wobei es kein Problem ist, die Kupplungen so auszulegen, dass diese Probleme nicht mehr vorkommen. Allerdings würde unter Umständen der Bendienungskomfort sinken oder der bauliche Aufwand steigen.

Um diese Probleme in der Zukunft zu vermeiden, wurde 1999 die JASO-Norm eingeführt, die generelle Qualitätsanforderungen an Motoröle und verschiedene Eigenschaften dokumentiert, von denen ich nur die wichtigsten nennen möchte:
- hohe Viskositätsstabilität bei Hochtemperatur und hohem Schergefälle (HTHS-Viskosität)
- besonders geringe Verdampfungsneigung
- hohe Scherstabilität
- Vermeidung der Schaumbildung
- geringer Sulphatasche-Anteil zur Vermeidung von Ablagerungen im Brennraum, die zur Glühzündung führen könnten.

Daneben werden die Öle in verschiedene Reibwertkategorien eingeteilt:
- JASO MA: Öle mit hohem Reibwert: geeigent für Nasskupplungen
- JASO MB: Öle mit niedrigem Reibwert: nicht geeignet für (knapp dimensionierte) Nasskupplungen, da ein Durchrutschen bei hohen Drehmomenten möglich ist.

Wenn du trotzdem das Öl, das in deinem Auto gut funktioniert in's Motorrad kippen willst, lies hier meine Erfahrung

Bild: Streetfighter23 -

Synthetik? oder doch nicht ?

Zwar habe ich das Thema bereits angeschnitten, doch will ich endgültig die Mähr von der quellenden Kupplung hier richtig stellen:
Es ist wahr, dass verschiedene Motorräder nach einer Weile des Betriebes mit Synthetiköl dazu neigen können, vorzeitig mit einem Kupplungsschaden nach dem Mechaniker zu rufen. Doch woher kommt das?

Der Konflikt aus leichtgängiger Bedienung und kurzen Hebelwegen einerseits (nicht jeder hat Handschuhgröße XXL) und geringen rotierenden Massen, leichten Motoren, also einer kleinen Kupplung, zwingen die Konstrukteure an die Grenzen des Haltbaren. Erschwerend hinzu kommt, dass fast nirgends auf der Welt so "geheizt" wird, wie in Deutschland (nur die Franzosen scheinen noch heftiger drauf zu sein...?).

Synthetiköle – vor allem solche, die eigentlich für Autos gemacht wurden – haben eine wesentlich höhere Schmierleistung, die eigentlich an allen Stellen des Motors erwünscht ist. Lediglich bei der motorradüblichen Nasskupplung kann es dazu führen, dass sie bei hoher Leistungsabgabe des Motors beginnt, ein wenig zu rutschen. Meist merkt der Fahrer das mehrere 1000 Km gar nicht. Erst wenn die Kupplungsbeläge – die dabei starkem Verschleiß unterliegen – endgültig "fertig" sind oder ausnahmsweise die maximale Leistung gefordert wird, rutschen sie so stark, dass der Lamellenbelag durch die dabei entstehende Temperatur regelrecht verbrennt.
Die Konsequenz daraus hatte zum Beispiel Ducati damals mit der Verwendung von trockenen Kupplungen gezeigt: Modernste Öle mit höchster Schmierfähigkeit können in diesen Motoren ohne Bedenken verwendet werden, Konstruktion, Toleranzen und Materialpaarungen können dementsprechend ausgelegt werden. Entsprechende Öle können die Haltbarkeit der Mechanik und konstruktionsbedingt erforderliche Drücke, Drehzahlen... letztlich Leistung miteinander vereinbaren.

Bild: Kupplung -

Motoröl für Oldtimer

Für Oldtimer und Klassiker ist das "beste" und teuerste Öl nicht immer ideal.
Die herausragenden Eigenschaften von vollsynthetischem Motoröl sind unter anderem das Auflösen von Ablagerungen und die Adhäsion (das Anhaften)
Ein Motor, der etliche Kilometer mit mineralischen Ölen erlebte, hat an allen möglichen Stellen Ablagerungen von Ölzusätzen, Ölschlamm und Abrieb.

Ein Gleitlager, das eigentlich längst am Ende ist, dessen Riefen und Krater aber durch eben jene Ablagerungen zugesetzt sind, funktioniert noch immer. Ebenso die Dichtung und der Kolbenring, dessen zugesetzte Nut ihm gerade noch Platz zur Funktion lässt.
Werden diese Rückstände von modernem Öl aufgelöst, wird der Kolbenring zu viel Spiel in der Ringnut bekommen, die Dichtung – schön sauber – undicht, der Öldruck sinken und der Ölfilm an den Kratern und Riefen des gereinigten Gleitlagers abreißen. Der Motor kündigt mit erhöhtem Ölverbrauch, verschiedenen Undichtigkeiten und lauteren Laufgeräuschen seinen nahenden Tod an.

Die Ölqualitäten von damals sind in den Konstruktionen berücksichtigt gewesen und die Konstruktionen sind zu jener Zeit damit klargekommen. Das billigste Öl, das heute zu bekommen ist, übertrifft schon die Qualität der 50er Jahre um ein Vielfaches. Es gibt deshalb viele Fahrer solcher Geräte, die nur das billigste Öl verwenden, dass sie finden können.

Bild: Laverda 750SF Motor-Reparatur -

Allerdings:
Viele alte Motorräder haben noch sogenannte Schlammhülsen in der Kurbelwelle, in der sich durch die Drehung der Welle die festen bzw. schwereren Stoffe ablagern.
Die Schlammhülse funktioniert wie eine Zentrifuge.
Nachteilig ist, daß sich hier auch Additive der Öle sammeln und die Bohrung schneller auffüllen. Ist die Schlammhülse durch das Allerlei an Schwebestoffe voll, können weiter angeschwemmte feste Stoffe (wie Abrieb, Späne etc.) nicht mehr abgesondert werden und gelangen ungehindert in die Gleitlager, wo sie verheerende Schäden verursachen.

Es ist also schwer, das richtige Öl zu wählen, da bei jedem Motor sich erst mal Gedanken um Konstruktion und Wartung gemacht werden müsste.

Bild: Schlammhülse -

Wird ein alter Motor komplett überholt, gilt es vieles zu beachten.

Teile, die erneuert werden:

Ist der Kolben ein Nachbau / Ersatz aus modernen Zeiten oder lag er etliche Jahrzehnte auf Halde?
Welches Material wird bei Ventilführungen und Sitzen verwendet?
Passt die alte Ventilführung bezüglich der Materialpaarung zu dem neuen Ventil?
etc...

Teile, die nicht ersetzt werden:
Kommt die Getriebewelle mit der neuen Bronze-Lagerbüchse klar, die als Ersatz für Messing oder Pertinax eingesetzt wird?
Muss die Welle nachgehärtet werden? Geht das überhaupt ohne Weiteres? welche Toleranzen wähle ich? ...

Qualität der Dichtmaterialien:
Der Dichtsatz stammt meist aus modernen Zeiten. Die heutigen Dichtmaterialien sind chemisch wesentlich beständiger als damals, jedoch nicht immer geeignet, um die damaligen Bearbeitungstoleranzen auszugleichen. Dichtsätze werden schließlich ebenfalls aus den Materialien gefertigt, welche heute üblich sind. Und mit den relativ großen Unebenheiten der Planflächen alter Motoren wird schon lange nicht mehr gerechnet.
Folglich wichtig: Planflächen kontrollieren und gegebenenfalls nacharbeiten.

Ergo:
Werden zur Revision eines alten Motors oder Getriebes neue Materialien verwendet, die verbleibenden Teile auf heutige Standards angepasst (Oberflächenhärte, Genauigkeit der Planflächen und Bohrungen), dabei Dehnung, Festigkeit, Laufspiele, Toleranzen, Materialpaarungen und allgemeine Beschaffenheit der Alt- und Neuteile mit einbezogen, kann so ein Alteisen problemlos mit modernen Ölen betrieben werden. Soll es sogar! Denn die verwendeten Materialien sind ja darauf abgestimmt und die Betriebszeit bis zur nächsten Überholung wird wesentlich verlängert.

Das legt aber auch dar, dass nicht jeder, der fähig ist, einen Fireblade-Motor zu überholen, auch weiß, was er beim Oldie alles zu beachten hat!

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Karsten Fritz
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Bild: Laverda 750SF Motor-Reparatur -